Die Pflicht der eigenen Urteilsbildung
Artikel von Heinz Grill vom 28.6.2018:
Der Mensch unterscheidet sich vom Herdentier des Schafes geradewegs durch jene vorzügliche Eigenschaft des Denkens und durch die Fähigkeit zur Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Er benötigt neben seiner Lebensposition keinen Hirten, der ihn auf Schritt und Tritt bewacht. Es wäre tatsächlich heute in einer Zeit, in der die Kirche den Menschen nach wie vor in Unmündigkeit zu halten versucht und der Staat den einzelnen bis hinein in den Atemprozess der Mitochondrien kontrolliert, notwendig, sich zur Mündigkeit des Denkens zur Selbstverantwortung und freien friedvollen Lebensgestaltung aufzurichten.
Dennoch aber sehnt sich aus Bequemlichkeit und Verzagtheit der Mensch nach dem Hirten, gemäß einer starken Führerfigur, eines Papstes oder eines Gurus, der ihm seine denkende Verantwortung vermeintlicherweise ersetzen könnte und der über sein geistiges Heil wache. Wo sind heute diese großen rationalen tauglichen Führer? Stehen sie an der Spitze von Deutschland?
Die Entwicklung zu Frieden und Freiheit kann heute nicht mehr von einem Führer oder einer religiösen Leitfigur ausgehen, sie muß im einzelnen Menschen selbst zur Auferstehung emporklettern. Wenn der Hirtenhund das scheinbar verlorene Schäflein zur Herde zurücktreiben möchte, so ist dieses Geschöpf regelrecht verpflichtet, dem bellenden Schäferhund Paroli zu bieten und seine Selbstbestimmung aufzurichten.
Im Grundgesetz Art.2 heißt es wörtlich:
Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
Solange der Mensch wie ein Schäflein sich vom Hirtenhund am Morgen zur Weide austreiben und am Abend willig einfangen lässt, nimmt er seine Möglichkeit zur freien Entfaltung der Persönlichkeit mit Sicherheit noch nicht im ganzen Umfange wahr. Es ist nicht nur das Recht des Menschen zur Entfaltung seiner besten Möglichkeiten, sondern es wäre sogar seine Pflicht. Unterlässt er aber diese Pflicht einer vorzüglichen Entwicklung der Seele und des Geistes, des freien Denkens und der gediegenen Urteilsbildung, lehnt er sich nicht gegen Lüge, Bevormundung und Intrigen auf, verliert er zunehmend den Sinn für seine eigene Würde und sein Rechtsempfinden und er verfällt in eine bedenkliche Apathie, die ihn zu einem mitwirkenden Zeitgenossen eines irrealen und verlogenen Machtsystems befördert.
Die Verwandlung der Weltsituation kann heute nur durch das Reifwerden des einzelnen Menschen von unten nach oben geschehen, vom einzelnen Individuum zum Staat.
Dieser Artikel wurde mit der freundlichen Genehmigung des Autors von seiner Webseite www.heinz-grill.de kopiert.